Mehr als zwei Jahre – seit Bekanntwerden des Bottroper Krebsmittelskandals – haben das Bottroper Selbsthilfe-Büro und die örtlichen Selbsthilfegruppen dafür gekämpft, dass Krebspatientinnen und Krebspatienten besser geschützt werden. Jetzt können die Initiatoren der Petition und die knapp 10.000 Mitunterzeichner einen großen Erfolg verbuchen: Der Deutsche Bundestag hat am 6. Juni das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ beschlossen.
„Zwei der wichtigsten Forderungen der Petenten werden damit in Gesetzesform gegossen“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Gerdes. Erstens: Die zuständigen Behörden sind in Zukunft verpflichtet, „in angemessenen Zeitabständen“ unangemeldete Kontrollen bei sogenannten Schwerpunktapotheken durchzuführen – also bei allen Apotheken, die patientenindividuelle Krebsmedikamente herstellen. Und zweitens: Die mit der Kontrolle beauftragten Personen haben zukünftig auch Einsicht in die Abrechnungsunterlagen und können so einen Abgleich zwischen Wareneingang und Warenausgang vornehmen. So soll sichergestellt werden, dass frühzeitig auffällt, wenn die vom Apotheker verkauften – und bei den Kassen abgerechneten – Wirkstoffmengen nicht mit den zuvor eingekauften übereinstimmen.
„Mit diesen wichtigen Neuregelungen wird die Arzneimittelsicherheit insbesondere für Krebspatientinnen und -patienten ganz entscheidend verbessert“, so Michael Gerdes. „Das haben wir vor allem auch dem Einsatz der Bottroper Petenten zu verdanken. Ich freue mich sehr, dass sich die viele harte Arbeit gelohnt hat.“
Die Petenten haben einen langen Weg hinter sich: Bereits im Juli 2017 hatten das Selbsthilfe-Büro und die Krebsselbsthilfegruppen ihre Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Das von Jens Spahn (CDU) geführte Bundesgesundheitsministerium wies die Forderungen jedoch zunächst ab. Die bestehenden Vorschriften zur Überwachung der Apotheken seien „sachgerecht“ und würden eine „effektive Überwachung“ der Apotheken ermöglichen, so das Ministerium. Mit dieser Einschätzung gaben sich die Petenten nicht zufrieden. Ein von Michael Gerdes in Auftrag gegebenes wissenschaftliches Gutachten gab ihnen Rückenwind: Der Fall in Bottrop könne herangezogen werden, um zu argumentieren, dass die bisherigen Regelungen eben nicht ausreichend seien, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten, hieß es dort. Ende 2018 erkannte dann auch das Ministerium an, dass ein Handlungsbedarf besteht, und legte den ersten Entwurf des nun beschlossenen Gesetzes vor. Verbindliche unangekündigte Kontrollen sah dieser jedoch noch nicht vor. Also kämpften die Petenten weiter, mit Unterstützung von Michael Gerdes. Der Bundestagsabgeordnete organisierte ein Gespräch mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, und mit der Patientenbeauftragten, Martina Stamm-Fibich. So konnten die Petenten ihre Forderungen direkt an die zuständigen Fachpolitikerinnen richten. Und die wiederum brachten die Forderungen in die parlamentarischen Beratungen zu dem Gesetzentwurf ein. Am Ende setzten sich die SPD-Politikerinnen mit einem entscheidenden Änderungsantrag durch: Verpflichtende unangemeldete Kontrollen kommen!
„Das Bottroper Selbsthilfe-Büro und die örtlichen Selbsthilfegruppen haben einen Stein ins Rollen gebracht, tausende Unterstützer gewonnen und am Ende die Politik in Berlin mitgestaltet“, so Michael Gerdes. „Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Signal: Es lohnt sich, aktiv zu werden und für die eigenen Anliegen einzutreten. Politik funktioniert im Übrigen auch nur so: Wir brauchen den Austausch mit lokalen Initiativen, um in Berlin gute Entscheidungen treffen zu können. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit als Bundestagsabgeordneter ist es, diesen Austausch zu organisieren. Ich freue mich sehr, dass das in diesem Fall zu einem so guten Ergebnis geführt hat.“
Update, Stand 28.06.2019:
Am 28. Juni hat auch der Bundesrat dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung zugestimmt. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es tritt überwiegend am Tag unmittelbar nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.