Deutschland hat ein modernes Einwanderungsgesetz

Die SPD-Fraktion hat mehr als 20 Jahre darum gekämpft, die Union war immer dagegen, doch jetzt ist es da: Deutschland hat ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Das hat der Bundestag am Freitag mit den Stimmen der SPD-Fraktion und der Union verabschiedet. Damit wird erstmals die Einwanderung in den Arbeitsmarkt aus Drittstaaten nicht nur für Hochqualifizierte, sondern auch für alle Fachkräfte mit Berufsausbildung geöffnet und effektiv gesteuert.

Öffnung des Arbeitsmarktes

In vielen Branchen und Regionen gibt es Vollbeschäftigung, und schon jetzt sind 1,6 Millionen Stellen längerfristig unbesetzt – Tendenz steigend. Service- und Versorgungsdienstleistungen, etwa in der Pflege, Medizin und im Handwerk, werden vor allem auf dem Land ein immer knapperes Gut. Deutschland braucht zusätzliche Fachkräfte.

Für die SPD-Fraktion steht die gute Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten in Deutschland an erster Stelle. Dafür hat sie bereits das Qualifizierungschancengesetz auf den Weg gebracht, das die Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Strukturwandel (insbesondere auch in den Kohleausstiegsregionen) fördert. Und sie setzt sich für die richtigen Rahmenbedingungen ein, zum Beispiel eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die Eröffnung neuer Perspektiven für Langzeitarbeitslose.

Wegen der alternden Gesellschaft werden diese Maßnahmen allerdings nicht ausreichen. Aus diesem Grund öffnet die Koalition den deutschen Arbeitsmarkt erstmals auch vollständig für Menschen mit einer Berufsausbildung aus Drittstaaten. Wer ein konkretes Jobangebot hat und eine Qualifikation besitzt, die ihn zur Ausübung dieser Beschäftigung befähigt, kann zukünftig langfristig in Deutschland bleiben. Die bislang notwendige Vorrangprüfung (gibt es bevorrechtigte Bewerber für eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt, etwa Deutsche, EU-Bürger oder Personen, die eine Niederlassungs- bzw. Aufenthaltserlaubnis haben?) fällt weg, kann aber bei Verschlechterung der Arbeitsmarktlage wieder eingeführt werden.

Hürden abbauen

Mit dem nun beschlossenen Gesetzentwurf wird es Fachkräften aus dem außereuropäischen Ausland künftig erleichtert, eine Arbeit in Deutschland zu finden. Hindernisse bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen werden abgebaut. Zum Beispiel soll der Aufenthalt zur Nachqualifizierung und Anerkennung einer im Ausland erworbenen Ausbildung jetzt schon möglich sein, wenn bereits ein Beschäftigungsverhältnis besteht und nur noch geringe, insbesondere berufspraktische Teile zur Anerkennung fehlen.

Die Erwerbszuwanderung wird außerdem effizienter gestaltet, indem die Länder mindestens eine zentrale Ausländerbehörde je Land einrichten. Arbeitgeber sollen dort die Möglichkeit haben, ein „beschleunigten Fachkräfteverfahren“ zu nutzen, das das bisher aufwändige Visa-Verfahren deutlich verkürzt.

Arbeitsplatzsuche auch in Deutschland

Die Arbeitsplatzsuche vor Ort stand bisher nur Akademikern offen. Jetzt sollen auch Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung für bis zu sechs Monate einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche erhalten – solange sie über eine anerkannte Qualifikation, ausreichende Deutschkenntnisse und einen gesicherten Lebensunterhalt verfügen. Während dieser Zeit kann auch eine Probearbeit bis zu zehn Wochenstunden, etwa in Form eines Praktikums, ausgeübt werden.

Darüber hinaus schafft das Gesetz die Möglichkeit, zur Suche eines Ausbildungsplatzes nach Deutschland zu kommen. Voraussetzungen sind hier neben der vollständigen Lebensunterhaltssicherung gute deutsche Sprachkenntnisse (Niveau B2), die Nicht-Vollendung des 25. Lebensjahres und ein Abschluss, der zu einem (Fach-)Hochschulzugang in Deutschland oder in demjenigen Staat berechtigt, in dem der Schulabschluss erworben wurde. Hier hat die SPD-Fraktion in den Verhandlungen noch Verbesserungen durchgesetzt. Denn jedes Jahr bleiben zehntausende Ausbildungsplätze bei uns unbesetzt.

Kein Lohndumping

Das Gesetz stellt auch sicher, dass es nicht zu Lohndumping kommt. So müssen Bezahlung und Arbeitsbedingungen der ausländischen Fachkraft denen vergleichbarer inländischer Arbeitnehmer entsprechen.

Fachkräfte, die über 45 Jahre alt sind, müssen nachweisen, dass sie über eine angemessene Altersvorsorge verfügen. Schließlich will die Koalition nicht, dass sie im Alter auf das Sozialamt angewiesen sind.

 

Weitere Maßnahmen im Bereich Integration und Migration

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist Teil eines umfassenden Gesetzespakets, welches sechs weitere Vorhaben im Bereich Migration und Integration umfasst:

  • Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes: Die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) werden für Menschen im Asylverfahren neu berechnet. Damit setzt die Koalition Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. Die Bedarfe im AsylbLG werden vergleichbar mit der Sozialhilfe berechnet, legen aber die Annahme zugrunde, dass die Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten.
  • Entfristung des Integrationsgesetzes: Wesentliche Regelungen des Integrationsgesetzes von 2016 waren befristet und würden im Sommer dieses Jahres auslaufen – darunter der Wegfall der Vorrangprüfung für Geduldete und Gestattete sowie die Wohnsitzregelung. Diese Regelungen werden nun entfristet.
  • Zweites Datenaustauschverbesserungsgesetz: 2016 wurde die Grundlage geschaffen, Asyl-und Schutzsuchende sowie Ausländerinnen und Ausländer, die unerlaubt nach Deutschland einreisen oder sich unerlaubt aufhalten, frühzeitig zentral zu registrieren sowie die Daten den öffentlichen Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zur Verfügung zu stellen. Mit dem Zweiten Datenaustauschverbesserungsgesetz ertüchtigt der Gesetzgeber nun das Ausländerzentralregister (AZR). Alle relevanten Behörden können künftig unkomplizierter auf das AZR zugreifen.
  • Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz: Bisher ist der Zugang zur Förderung von Berufsausbildung und Berufsausbildungsvorbereitung im Sozialgesetzbuch II und Sozialgesetzbuch III deutlich eingeschränkt und an Bedingungen, beispielsweise Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus oder Voraufenthaltszeiten geknüpft. Künftig wird die Förderung von Berufsausbildungsvorbereitung und Berufsausbildung weitgehend unabhängig von aufenthaltsrechtlichen Vorgaben geregelt und für Ausländerinnen und Ausländer deutlich geöffnet.
  • Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung: Gut integrierte Geduldete, die unsere Sprache sprechen, eine Ausbildung machen oder arbeiten, bekommen eine verlässliche Bleibeperspektive. Wesentliche Voraussetzungen der bereits bestehenden Ausbildungsduldung (3+2-Regelung) werden gesetzlich konkretisiert, um endlich eine bundeseinheitliche Anwendungspraxis zu erreichen.
  • Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (Geordnete-Rückkehr-Gesetz): Ausreisepflichtige sollen einfacher danach unterschieden werden können, ob sie unverschuldet an der Ausreise gehindert sind oder ob sie selber die Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht verhindern. Insgesamt regelt das Gesetz die Ausgestaltung der Vorschriften zur Ausweisung, Abschiebehaft, zum Ausreisegewahrsam und zur vorübergehenden Unterbringung von Abschiebungsgefangenen in Hafteinrichtungen. Die SPD-Fraktion hat viele geplante Verschärfungen von Innenminister Seehofer (CSU) dabei verhindert.

Generell gilt: Diejenigen, die Schutz benötigen, bekommen ihn. Ihnen eröffnet die Koalition frühzeitig und umfassend den Zugang zu Sprach- und Integrationskursen und zum Arbeitsmarkt. Damit ebnen wir ihnen den Weg, Teil unserer Gesellschaft zu werden.