Der Bundestag hat anlässlich einer Regierungserklärung der Kanzlerin die Herausforderungen der kommenden Jahre diskutiert. In der so genannten Generaldebatte machte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles deutlich, was die übergeordnete Leitschnur der Koalition sein wird: der Zusammenhalt der Gesellschaft. „Wir nehmen die Alltagssorgen der Menschen sehr ernst“, sagte Nahles. Die nämlich seien mit dem sozialen Zusammenhalt eng verbunden.
So würden immer häufiger Mieterinnen und Mieter durch drastische Mieterhöhungen aus ihren Wohnvierteln verdrängt. Dagegen werde die Koalition angehen. Auf Druck der SPD-Fraktion werde nicht nur die Mietpreisbremse verschärft, sondern vor allem massiv in den sozialen Wohnungsbau investiert. Außerdem werde es ein Baukindergeld geben, das jungen Familien hilft, ein Haus zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen. Nahles: „Bezahlbares Wohnen ist eine der großen Fragen des 21. Jahrhunderts.“
Zusammenhalt sei besonders dort wichtig, wo Menschen aufeinander angewiesen sind – zum Beispiel in der Pflege. Hier warteten auf den neuen Gesundheitsminister Spahn (CDU) ganz erhebliche, drängende Aufgaben, so Nahles. Vereinbart sei mehr Geld für das Pflegepersonal, 8000 neue Stellen als erste Sofortmaßnahme und eine Verbesserung der Pflegeausbildung. „Herr Spahn kann sofort beginnen“, forderte Nahles.
Dass Zusammenhalt auch viel mit Würde zu tun hat, machte die Fraktionschefin deutlich, als sie über die künftige Arbeitsmarktpolitik sprach. Der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde Langzeitarbeitslosen mithilfe des so genannten sozialen Arbeitsmarktes Perspektiven aufzeigen und Jobs vermitteln. Nahles: „Es ist wichtig, dass die Leute schnell Arbeit bekommen. Arbeit bedeutet Würde.“
Auch das Thema Generationengerechtigkeit und den Zusammenhalt zwischen Jung und Alt sprach die SPD-Fraktionsvorsitzende an. Die Menschen müssten auf die gesetzliche Rentenversicherung bauen können, das gelte für jetzige und künftige Generationen. Die SPD-Bundestagsfraktion werde auf Stabilität drängen und die Gründung einer Rentenkommission vorantreiben. Sozialminister Heil hat bereits angekündigt, dass diese Kommission, die die Zukunft der Rente ab 2030 planen soll, in den nächsten Monaten ihre Arbeit aufnimmt.
Auf Druck der Sozialdemokraten wurde im Koalitionsvertrag zudem ein Einwanderungsgesetz vereinbart. Die Fachkräfte, die mithilfe des Gesetzes angeworben werden sollen, müssten in die Gesellschaft integriert werden; zugleich müsse die Einwanderung kontrolliert und gesteuert werden. Beides stärke den Zusammenhalt und die Weltoffenheit Deutschlands, so Nahles.
Ganz entscheidend für das Zusammengehörigkeitsgefühl sei auch das Thema Bildung, so Andrea Nahles. Auch davon hänge ab, ob Deutschland in zehn Jahren noch ein soziales und stabiles Land ist. Sie nannte die Nationale Bildungsallianz, das Recht auf Weiterbildungsberatung und die Änderung des Grundgesetzes als wichtige Punkte. So solle sichergestellt werden, dass der Bund den Kommunen bei der Modernisierung und Ausstattung der Schulen finanziell helfen darf.
Nahles ging in ihren Ausführungen auch auf die Klimaschutzpolitik ein und lobte, dass nun endlich ein echtes Klimaschutzgesetz komme. Dabei verschwieg sie nicht den Konflikt zwischen Klimaschutz und der Notwendigkeit, die vom Strukturwandel betroffenen Regionen „mitzunehmen“. Auch das sei Voraussetzung für mehr Zusammenhalt.
Zum Umweltschutz gehören auch neue Mobilitätskonzepte, denn in vielen Städten drohen aufgrund der hohen Feinstaubbelastung Fahrverbote. Fahrverbote möchte Nahles verhindern, also müssten Alternativen her. Hier sieht Nahles die Automobilkonzerne mit in der Pflicht. „Die Verbraucher lassen wir nicht im Regen stehen!“
Nahles schlug einen Bogen zu Europa, das sozialer werden müsse. Sie forderte soziale Mindeststandards europaweit und kündigte einen Investitionshaushalt der EU an, um Europa zu stärken und die Lebensverhältnisse anzugleichen.
Mit Blick auf die Demokratie in Deutschland erläuterte Nahles, dass es in Zukunft – die SPD-Fraktion hat dies durchgesetzt – Orientierungsdebatten im Parlament geben werde, bei denen die Abgeordneten über aktuelle nationale und internationale Themen diskutieren. Auch das sei ein Beitrag für mehr Austausch, mehr Diskussion, mehr Zusammenhalt.